Ein Essen mit der Familie ist nicht immer einfach. Vor allem an Feiertagen, wenn viele Verwandten zusammenkommen und die Tafel reich gedeckt ist, können alte Verletzungen aufreißen. Für Menschen mit Essstörungen oder Problemen mit dem eigenen Körperbild kann das Aufeinandertreffen mit bewertenden Verwandten traumatisch sein. Vorgespielte Besorgnis (Concern-Trolling) und negative Kommentare über die Menge an Essen, die wir konsumieren, machen aus einem freudigen Ereignis einen Hürdenlauf. Marshmallow Mädchen verrät vier Wege, mit denen du Food Shaming am Familientisch stoppst.
Was ist Food Shaming? Food Shaming bedeutet, dass jemand beurteilt, was du isst, und versucht, dir ein schlechtes Gewissen einzureden.
„DAS willst du essen? Weißt du nicht, dass [Nahrungsmittel] [„schlechter“ Inhaltsstoff] enthält?“
Food Shaming begegnet uns ständig. Auch wir selbst verurteilen unser eigenes Essverhalten. Besondere Ausmaße nimmt Food Shaming aber oftmals beim gemeinsamen Essen mit der Familie an. Einige Familienmitglieder haben vielleicht schon über Jahre und Jahrzehnte Kommentare über deinen Körper abgegeben (→ Body Shaming durch Eltern). Diese treffen uns oft so hart, weil unsere Familie uns eigentlich bedingungslos lieben sollte. Wenn gerade diese Menschen uns unseren Wert absprechen, weil wir dick (Single, arbeitslos, tättowiert…) sind, sitzt der Stachel besonders tief.
Es gibt jedoch Möglichkeiten, um Food Shaming am Familientisch zu begrenzen oder ganz zu stoppen.
1. Food Shaming stoppen: Bereite dich vor
Wenn du bereits weißt, dass dich am Familientisch Kommentare über dein Aussehen und deine Essenswahl erwarten, tust du gut daran, dich innerlich darauf vorzubereiten. Das Verhalten anderer Menschen zu verändern, ist schwierig bis unmöglich. Aber du hast die volle Kontrolle darüber, wie du mit dem Verhalten anderer umgehst (→ Wie man mit Beleidigungen (Fat-Shaming) umgeht).
Wenn du bisher immer sprachlos warst, wenn dich jemand kritisiert hat, wenn du oft glaubst, was andere über dich sagen, dann kann es dir helfen, wenn du mit Affirmationen arbeitest. Affirmationen sind kleine Glaubenssätze, die wir kontinuierlich wiederholen, damit unser Gehirn sie an einem sehr prominenten Platz abspeichert. Je öfter du eine Affirmation nutzt, desto realer wird sie für dich. In schwierigen Situationen kann sie auch als Anker dienen (→ 10 body-positive Motivationssprüche).
Um dich auf Bewertungen am Familientisch vorzubereiten, kannst du zum Beispiel folgende Affirmationen nutzen:
„Ich esse, was mir schmeckt und was ich für richtig halte.“
„Ich akzeptiere meinen Körper so, wie er gerade ist.“
„Mein Gewicht bestimmt nicht meinen Selbstwert. Ich bin wertvoll, so wie ich bin.“
2. Food Shaming stoppen: Setze Grenzen
Für viele von uns ist es schwierig, (in der Familie) Grenzen zu setzen. Vielleicht bist du so sehr daran gewöhnt, der Punchingball oder Puffer in deiner Familie zu sein, dass du verlernt hast, nein zu sagen (→ Hau ab, du fette Sau! (Fat-Shaming)). Vielleicht fühlst du dich auch ungerecht, wenn du ein Familienmitglied, das du liebst, in seine Schranken verweist.
Oftmals rechtfertigen wir auch, warum andere uns mit ihren Kommentaren verletzen: Oma ist schon so alt, sie meint es ja nicht so. Mama meint es ja nur gut, wenn sie mir sagt, wie viel Fett im Nachtisch ist. Papa weiß vermutlich gar nicht, wie verletzend sein Kommentar war.
Verfalle nicht dem Irrglauben, deine Grenzen zu setzen hieße, dass du deine Familie nicht liebst. Viele deiner Verwandten meinen es sicherlich gut mit dir, aber das rechtfertigt nicht, dass sie dich mit ihre (veralteten) Überzeugungen verletzen dürfen (→ Warum werden wir dick?). Es ist dein gutes Recht, deine Grenzen abzustecken und ein angenehmes Familienessen zu genießen (→ An Feiertagen ohne schlechtes Gewissen genießen – 3 Strategien).
„Ich weiß nicht, was du mit deinen Kommentaren bezweckst, aber sie sind sehr verletzend. Ich weiß, dass du mich liebst und nicht verletzen möchtest, also höre bitte damit auf.“
„Ich mache solche Kommentare weder über dich noch über deine Essenswahl. Ich bitte dich, mir denselben Repekt zu erweisen.“
3. Food Shaming stoppen: Konzentriere dich auf das Positive
Nur ein einziger unbedarfter Kommentar kann aus dem gemeinsamen Essen eine Qual für dich machen. Deshalb ist es wichtig, dass du dich vorbereitest und deine Affirmationen nutzt, um dem Ganzen nicht schutzlos ausgeliefert zu sein.
Wenn es dir besonders schwerfällt, eine Unterhaltung durch die klare Setzung deiner Grenzen zu „killen“, dann kannst du den Blick auch auf das Positive richten.
„Wir sind so selten zusammen. Lasst uns doch über etwas Positives reden! Was ist dir letzte Woche Schönes passiert?“
„Es gibt so viel Negativität auf der Welt. Wenn ich mit euch zusammen bin, dann möchte ich mich an unserer Gemeinschaft erfreuen.“
4. Food Shaming stoppen: Wechsel das Thema
Vielleicht fühlst du dich den Bewertungen deiner Verwandten dennoch ausgeliefert und das Setzen deiner Grenzen macht dir Angst. Aber du hast jederzeit die Möglichkeit, die Richtung, in die die Unterhaltung geht, zu beeinflussen. Du musst dich nicht in den Sog negativer Aussagen ziehen lassen (→ Selbstbewusstseinsbooster – Kostenloser Workshop).
Du kannst deine Grenze innerlich setzen. So musst du nicht nein sagen. Nach außen verleihst su deiner Grenze ihre Kraft, indem du bei einem negativen Kommentar über dich, deine Essenswahl oder dein Leben das Thema abrupt wechselst.
„Kennt ihr eigentlich schon dieses neue Konzept Body Positivity? Dabei geht es um…“
„Ich war neulich im Zoo. Da ist Folgendes passiert: …“
5. Food Shaming stoppen: Stelle einen Schutzschild auf
In manchen Familien ist Hopfen und Malz verloren (→ Schubladendenken – Warum denken wir in Schubladen?). Die Mutter lässt sich nicht davon überzeugen, dass ihre gut gemeinten Kommentare genau das Gegenteil bewirken, und die gehässige Tante will dir sowieso nur eins reinwürgen. Langfristig solltest du hinterfragen, ob du mit diesen Menschen überhaupt Zeit verbringen willst.
Stell dir beim Familienessen vor, dass dich ein Schutzschild umgibt. An diesem prallen alle negativen Kommentare ab und fliegen direkt zu dem Familienmitglied zurück, das sie ausgesendet hat. Verankere dich im Innern durch deine Affirmationen. Wenn es dir zu viel wird, kannst du dich auch ins Badezimmer zurückziehen, tief durchatmen und deine Affirmationen laut aussprechen.
„Das Familienessen geht vorbei.“
„Ich habe schon so viel geschafft, das bekomme ich auch hin!“
Begegnet dir in deiner Familie Food Shaming? Wie gehst du damit um? Diskutier mit ↓
Titelfoto: Foodiesfeed / Jakub Kapusnak