Der Gang ins Fitnessstudio kann vor allem Menschen, die Probleme mit ihrem Körperbild haben, richtiggehend Angst einjagen. Vom Probetraining über den Gerätepark, die Kurse und die Umkleidekabine bis hin zu den Trainer:innen und den anderen Mitgliedern gibt es viele Erfahrungen, die überfordern können. In diesem Artikel findest du Tipps, wie du die Angst vor dem Fitnessstudio überwinden kannst.
Angst vor dem Fitnessstudio: Das Probetraining
Deine erste Begegnung mit dem Fitnessstudio muss nicht direkt das Probetraining sein. Du kannst dir auch einen Termin geben lassen, um dir das Angebot ganz unverbindlich zeigen zu lassen. Dann begleitet dich ein_e Trainer_in durchs Studio und erkärt dir, was es so alles gibt (→ 3 einfache Übungen, um dein Selbstbewusstsein zu stärken).
Bei dieser Gelegenheit solltest du deinem Bauchgefühl besondere Beachtung schenken: Wie ist dein Eindruck von diesem Sportstudio? Kannst du dir vorstellen, dich hier wohlzufühlen? Gefällt dir die „Trainingsmentalität“ (Muckibude vs. Wellnesstempel)? Sprechen dich die Trainingsangebote an, gibt es Kurse, die für dein Fitnesslevel geeignet sind?
Schau dich auch um, welche Menschen dort trainieren. Wenn du Probleme mit deinem Körperbild hast und dich schnell beobachtet und verunsichert fühlst, ist eine Umgebung, die Wohlbefinden und Gesundheitsfürsorge in den Vordergrund stellt, sicherlich besser für dich geeignet, als eine, in der es vorranging um „Ästhetik“ und Leistung geht. Verschiedene Körper- und Alterstypen sind ein gutes Zeichen dafür, dass du dich ohne Druck in die Gemeinschaft des Fitnessstudios einfügen können wirst.
Angst vor dem Fitnessstudio: Die Trainer_innen
Trainer und Trainerinnen können schon ein wenig beängstigend sein. Schließlich sind sie von Beruf Sport – und du fühlst dich eventuell sehr unsportlich und verunsichert. Vielleicht hast du sogar ein schlechtes Gewissen, weil du dich bisher meist vor sportlicher Aktivität gedrückt hast (→ Wie ich lernte, dass Sport mit Übergewicht Spaß macht).
Erst einmal: Niemand muss Sport machen. Niemand ist ein besserer Mensch, nur weil er sportlich ist – oder ein schlechterer, weil ihm Sport nicht liegt (→ Hör endlich auf, Sport auf der Waage zu beurteilen).
Trainer_innen sind in erster Linie Dienstleister_innen. Das bedeutet, dass die jeweilige Trainer_in sich auf deine Wünsche und Bedürfnisse einstellen muss. Sie kann dir natürlich Tipps aus ihrem Erfahrungsschatz geben, aber letztlich entscheidest du, welche davon du annehmen und umsetzen möchtest (→ 7 Ideen, wie du die Freude an Bewegung (wieder)entdeckst).
Nutze das Wissen der Trainer_innen und lass dir die Geräte und Abläufe gut erklären.
Angst vor dem Fitnessstudio: Der Gerätepark
Eine fachkundige Einführung ist das A und O beim Sporteln mit Geräten. Ein_e Trainer_in stellt dir in der Regel einen auf dich zugeschnittenen Trainingsplan zusammen (→ 10 Gründe, Sport zu treiben (die nicht abnehmen sind)).
Wenn die Trainer_in verschiedene Gewichtseinstellungen an den Geräten mit dir durchgeht, halte dein Ego in Zaum. Wähle Gewichte, die du leicht stemmen kannst; mit der zwanzigsten Wiederholung wird nämlich auch das anstrengend. Die Trainer_innen verurteilen dich nicht, wenn du ein niedrigeres Gewicht wählst.
Ein Trainingsplan ist ein guter Einstieg ins Krafttraining. Allerdings kann es dir passieren, dass du nach einer Weile feststellst, dass dir bestimmte Elemente keinen Spaß machen – oder dass dir gar Krafttraining an sich nicht gefällt. Du darfst jederzeit darauf verzichten. Nur weil irgendwer sagt, Sport sei so und so zu machen („am effektivsten“), musst du dich nicht daran halten. Du machst es so, wie es dir Freude bereitet und guttut (→ Body-positiv mit Sport anfangen: Wie du mit Mehrgewicht den Einstieg schaffst).
Angst vor dem Fitnessstudio: Die Kurse
Vor allem Kurse können dich Überwindung kosten, wenn du Probleme mit deinem Körperbild hast und deshalb selbstunsicher bist. Dort gibt es potentiell viele Menschen, die dich beobachten und bewerten könnten, wenn du eine Übung nicht schaffst oder Pause machst (→ Wie du aufhörst, dich ständig beobachtet zu fühlen).
Und du wirst manche Dinge nicht können; du wirst Pausen brauchen. Das ist vollkommen normal, nicht nur für Sportanfängerinnen. Es ist ein Zeichen der Selbstfürsorge, wenn du auf deinen Körper hörst. Du hast den Sinn von sportlicher Betätigung wirklich verinnerlicht, wenn du dich nicht in eine Übung quälst, sondern deine Grenze in diesem Moment akzeptierst.
Für alles im Sport gibt es Variationen. Das kann man schon mal vergessen, weil die meisten Sportkurse für eine Gruppe auf bestimmte Art und Weise befähigter Menschen ausgelegt sind; die größte Schnittmenge sozusagen. Aber wirklich alle stolpern über Übungen, die sie aus körperlichen Gründen nicht machen können.
Wenn dir das passiert, scheu dich nicht, eine solche Übung auszulassen. Lass dir Variationen von deiner Trainer_in erklären (auch nach dem Kurs in aller Ruhe) oder recherchiere im Internet und in Büchern nach Varianten, die den Bedürfnissen und Fähigkeiten deines Körpers entsprechen (→ 5 Tipps, wie du jeden Sport body-positiv gestalten kannst).
Wenn es dir möglich ist, kannst du vormittags ins Fitnessstudio gehen. Dann sind viele ältere Menschen da, die sich verstärkt nach ihren körperlichen Befindlichkeiten richten (müssen). Auch sind die Kurse an Vormittagen deshalb meist sanfter ausgerichtet.
Angst vor dem Fitnessstudio: Die anderen Mitglieder
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die größte Hürde beim Gang ins Fitnessstudio sind die anderen Mitglieder; die Angst davor, von ihnen beobachtet, bewertet oder ausgelacht zu werden (→ Wo sind all die Dicken hin? | Übergewicht im öffentlichen Raum).
Bitte schäme dich nicht für diese Ängste, denn sie sind aufgrund deiner emotionalen Historie berechtigt (→ Alle Gefühle sind okay – Wie du mit negativen Gefühlen umgehen kannst). Womöglich hast du sehr negative Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht, gerade in Bezug auf deinen Körper.
Tatsächlich ist es allerdings so, dass der Großteil der Menschen sich nicht für dich interessiert. Du fällst ihnen in den meisten Fällen gar nicht auf und wenn doch, dann denken sie nicht lange über dich nach. Wir Menschen sind so sehr in unsere eigene innere Welt verstrickt, dass wir oft wenig Sinn für Äußeres haben.
Das bedeutet nicht, dass es nicht eben auch Ausnahmen gibt (→ Fat Shaming: Wie man mit Beleidigungen umgeht). Aber in der Regel verstehen Fitnessstudios – vor allem solche, die auf Wohlbefinden und Gesundheitsförderung ausgelegt sind – keinen Spaß bei Body Shaming. Sollte dich also tatsächlich mal jemand dumm anmachen, melde es sofort einer Trainer_in. Du hast im Sportstudio mächtige Verbündete [Link zu Der Spiegel; Trigger: diätkulturelle Behauptungen zu Zusammenhängen zwischen Gewicht und Gesundheit].
In erster Linie machst du Sport für dich. Die anderen Mitglieder sind also lediglich Nebendarsteller_innen deiner eigenen Geschichte. Mit der Zeit wirst du mit anderen ins Gespräch kommen. Sie werden dich als gleichwertige Sportskollegin wahrnehmen, unabhängig davon, wie viel du wiegst oder wie „sportlich“ du bist (→ Ja, ich habe schon mal Pilates gemacht).
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Angst vor dem Fitnessstudio: Die Umkleidekabine
Es gibt zahlreiche Menschen, die nicht im Sportstudio duschen oder sich dort umziehen (→ Schwitzen durch Übergewicht: Schwitzen Dicke mehr?). Es ist vollkommen in Ordnung, wenn du das so handhaben willst.
Die Umkleide im Fitnessstudio kann dir jedoch auch dabei helfen, eine positivere Einstellung deinem Körper gegenüber zu kultivieren (→ Body Positivity lernen: Body-positiv in 3 Schritten). Oftmals glauben wir, alle sähen „besser“ aus als wir. Wir seien die einzigen, die Schwabbelstellen, Dehnungsstreifen und Cellulite hätten (→ Verursacht Übergewicht Cellulite?). Die Umkleide belehrt dich eines Besseren: Alle Frauen, auch die schlanken und sportlichen, sehen nicht so aus wie die überperfekten Models in den Zeitschriften (→ Warum wir das Schönheitsideal überwinden müssen).
Wenn du dich an das Experiment Umkleidekabine – an das Experiment Fitnessstudio im Allgemeinen – heranwagen willst, kann es hilfreich sein, wenn du zunächst zu Zeiten hingehst, zu denen es nicht voll ist, zum Beispiel vormittags oder mittags. Auch wenn du nach einem Kurs noch ein paar Minuten verstreichen lässt (beispielsweise mit Dehnübungen), ist die Umkleidekabine leerer. Womöglich bist du dann sogar ganz alleine dort und kannst den Gang unter die Dusche wagen. Nur Mut!
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Titelfoto: Danielle Cerullo
Beitragsbild 1: Body Liberation Photos
Beitragsbild 2: Fat Lad At The Back