Gastbeitrag von NANÈE, Body-Revolution-Aktivistin
Warum piksen uns Bemerkungen zu unserem Aussehen? Warum sind manche Komplimente keine Komplimente? Ich gebe dir Tipps, mit denen du dich gut fühlst, egal was die anderen sagen und stelle dir einen Effekt vor, mit dem wir sogar die Gesellschaft body-positiv beeinflussen können.
Ich bin NANÉE, Singer-Songwriterin, Speakerin und mit der Pigmentstörung CMN zur Welt gekommen. Das bedeutet, dass hunderte Leberflecke aller Größen meinen Körper bedecken; der größte davon meinen Hals und mein Dekolleté.
Ich habe lange mit meinem Aussehen gehadert und versucht, meine Leberflecken hinter Rollkragen und blickdichten Strumpfhosen zu verstecken, um den Blicken und dem Getuschel hinter meinem Rücken zu entgehen. Erst mit Anfang 30, nach einem längeren USA-Aufenthalt, fing ich an zu erkennen, welche Fesseln ich mir selbst angelegt hatte und welche mir von anderen angelegt wurden (→ Wie ich lernte, dick und selbstbewusst zu sein).
Hast du dich schon mal gefragt, warum es dich so pikst, wenn jemand eine blöde Bemerkung zu deinem Aussehen macht? Warum du dich plötzlich unwohl fühlst, unsicher oder genervt? Solche Sprüche, treffen uns dann besonders stark, wenn wir tief in uns drin glauben, dass der andere recht hat, wenn er sagt, dass wir hässlich sind mit unseren Leberflecken oder unserem Gewicht (→ 5 Gründe, warum wir mit Body Shaming aufhören müssen).
Tipp 1: Erkenne den Ursprung deiner alten Glaubenssätze und definiere neue
Dazu musst du wissen, dass unsere Glaubenssätze schon in frühester Jugend in uns verankert werden. Sogar der Grundstein für unser Selbstvertrauen wird bereits in den ersten sechs Lebensjahren gelegt (→ Selbstwertgefühl stärken bei Übergewicht – 3 Tipps). Neben der Gesellschaft und den kulturellen Gegebenheiten spielen unsere Eltern und die engsten Bezugspersonen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Glaubenssätzen (→ Body Shaming durch Eltern).
Denn wenn ich als Kind die Erfahrung gemacht habe, nur unter bestimmten Bedingungen angenommen zu werden, zum Beispiel, wenn ich dünner bin oder meine Leberflecken verdecke, dann speichere ich unbewusst ab: „So wie ich bin, bin ich nicht richtig.“ (→ 5 Strategien gegen Body Shaming durch Eltern)
Unabhängig von den Sprüchen anderer mit neuen Glaubenssätzen
Aber: Auch wenn die ersten Jahre prägend sind [Link zu Business Insider], heißt das nicht, dass alles in Stein gemeißelt ist. Denn du kannst deine alten Glaubenssätze Stück für Stück umprogrammieren und mit deinem neuen (erwachsenen) Wissen neu definieren (→ Body-positiv leben: Negative Glaubenssätze erkennen und auflösen).
Versuche dafür einmal herauszufinden, welche Erfahrungen in deiner Kindheit der Grund dafür sein können, dass du einen negativen Glaubenssatz abgespeichert hast. Das hilft dir, bestimmte Reaktionen deinem inneren Kind zuzuordnen, das verletzt wurde. Als Erwachsene hast du andere Möglichkeiten zu reagieren und kannst deinem inneren Kind die Sicherheit, Annahme und Geborgenheit geben, die es damals vermisst hat (→ Mit Human Design zur Selbstliebe).
Sobald du deinen alten Geistern / Glaubenssätzen nicht mehr glaubst, wirst du merken, dass dich Bemerkungen zu deinem Aussehen bald viel weniger triggern. Denn heute weißt du, dass du genau so richtig bist, wie du bist (→ Du bist genug (und warum du das nicht glauben kannst)).
Was haben Komplimente mit Evolution zu tun?
Und warum hinterlassen manche Komplimente in uns eher ein ungutes Gefühl?
Die amerikanische Stand-up-Comedienne Jenny Zigrino sagte mal, dass sie jedes Mal, wenn sie sagt, dass sie fett sei, die Antwort bekommt „Oh, nein! Du bist doch wunderschön!“ Ihre Antwort: „Ja, ich weiß, ich habe ja auch nicht gesagt, dass ich hässlich bin! Es ist einfach nicht das Gleiche! Wenn ein sehr kleiner Mensch sagen würde ‚Hey, ich bin klein!‘, würdest du ja auch nicht zu ihm sagen: ‚Oh, nein, sag doch so was nicht, du bist doch klug!’“ (→ Fat Shaming: Wie man mit Beleidigungen umgeht)
Aber wieso verknüpfen wir genau die Eigenschaften, wie zum Beispiel „schlank und schön“, „gutaussehend und klug“ miteinander?
Weil, wie jüngste Forschung herausgefunden hat, bestimmte als schön empfundene Eigenschaften, in unseren Genen verankert sind. Das sind insbesondere die Eigenschaften in unserer Physiognomie, die Gesundheit und Fruchtbarkeit suggerieren und somit vorteilhaft waren, um unseren Fortbestand in der Evolution zu sichern (→ Warum Body Positivity nichts mit Gesundheit zu tun hat).
Ist es nicht krass, dass wir mittlerweile zum Mond fliegen können, aber diese Mechanismen immer noch tief in uns verankert sind?
Tipp 2: Nutze den Mere-Exposure-Effekt
Der Mere-Exposure-Effekt besagt, dass wir, wenn wir einen bestimmten Reiz oft genug sehen, ihn irgendwann als positiv bewerten (→ Warum du dicke Heldinnen brauchst). Ganz egal, was es ist.
Wenn wir also in der Werbung oft genug glückliche und erfolgreiche Menschen sehen, die makellos, haarlos, schlank, jung und weiß sind, ändert sich irgendwann auch unsere Wahrnehmung und wir empfinden genau das als schön und erstrebenswert (→ Warum wir das Schönheitsideal überwinden müssen). In der Folge kaufen wir Rasierer, Diätpillen, Cremes und so weiter.
Auch wenn mich auf der einen Seite ziemlich erschreckt, wie beeinflussbar wir sind, finde ich, dass uns dieses Wissen auch ganz neue Möglichkeiten gibt.
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Du bist genau so richtig, wie du bist
Denn statt einfach gengesteuert und medienmanipuliert einem vermeintlichen Ideal hinterherzulaufen, können wir uns den Mere-Exposure-Effekt zunutze machen und das Schönheitsideal selbst beeinflussen, indem wir uns einfach genauso präsentieren, wie wir sind: Unterschiedliche Menschen mit Stärken und Schwächen in allen Körperformen und -farben, die zufrieden, erfolgreich und wandelbar sind (→ Wenn du deinen Körper nicht lieben kannst).
Je mehr Menschen zeigen, dass sie mit all ihren vermeintlichen „Makeln“ positiv und glücklich sind, umso normaler wird diese Vielfalt wahrgenommen (→ Wie du aufhörst, dich ständig beobachtet zu fühlen). Und umso mehr verändert sich die Gesellschaft – Schritt für Schritt!
Hast du Lust, den nächsten Schritt zu gehen? Dann lass uns eine Body & Mind Revolution anzetteln und die Welt hemmungslos bunt und vielfältig machen, einfach dadurch, dass wir so sind, wie wir sind! Und das glücklich (→ Body Positivity lernen: Body-positiv in 3 Schritten).
Ich bin NANÉE, Singer-Songwriterin & Keynote-Speakerin, und ermutige Menschen dazu, zu sich zu stehen und selbstbewusst ihren eigenen Weg zu gehen. Als 1,85 m große und mit der Pigmentstörung CMN geborene Frau musste ich erst lernen, damit umzugehen, nicht der sogenannten Norm zu entsprechen. Das Wissen und die Erfahrungen, die ich auf meiner Reise zu mehr Selbstbewusstsein gemacht habe, gebe ich heute weiter. Damit andere ihren Weg zu mehr Selbstbewusstsein etwas schneller finden: „Sei stolz darauf, wer Du bist und schäme Dich nicht dafür, wie jemand anderes Dich sieht.“
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Titelfoto: Abigail Clarke
Foto von Nanée: Elena Zaucke Photography