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Was ist Plus Size? – Eine Definition

Plus Size ist nicht gleich Plus Size – und das macht es schwierig, darüber zu reden. Eine einheitliche Definition fehlt; Missverständnisse sind vorprogrammiert. Ist Plus Size dasselbe wie Übergröße, Übergewicht, Adipositas oder Body Positivity? Wo fängt Plus Size an und wo hört sie wieder auf?

Plus Size ist nicht gleich Plus Size - und das macht es schwierig, darüber zu reden. Eine einheitliche Definition fehlt; Missverständnisse sind vorprogrammiert. Ist Plus Size dasselbe wie Übergröße, Übergewicht, Adipositas oder Body Positivity? Wo fängt Plus Size an und wo hört sie wieder auf?

Wieso fällt es so schwer, sich darauf zu einigen, was Plus Size nun eigentlich bedeutet? Das liegt daran, dass es mehrere Definitionen des Begriffs gibt, die oftmals durcheinandergeworfen werden. Die Definition von Plus Size in der Modeindustrie und die subjektive Bewertung von Plus Size durch die Gesellschaft führen zu Missverständnissen. Wie so oft versuchen wir, in starre Kategorien einzuteilen, was nicht starr ist: der Mensch und seine Befindlichkeiten.

Wo fängt Plus Size an?

Wenn Plus-Size-Model Ashley Graham auftaucht, wird schnell gewertet: Die soll Plus Size sein? Die ist doch viel zu dünn! Also, wenn die Plus Size ist, was bin ich dann…?

Ashley Graham trägt Kleidergröße 44 und ist das, was man in unserer Gesellschaft „wohlproportiniert“ nennt. Sie hat eine heutzutage begehrte Sanduhrfigur und sie ist Plus Size. Zumindest nach Definition der Modewelt. Die heftigen Reaktionen auf sie zeigen jedoch, dass einige den Terminus Plus Size ganz anders definieren würden.

Ein anderes Plus-Size-Model, Tess Holliday, trägt Kleidergröße 52 – also eindeutig eine große Größe, eine Übergröße, eine „Plus Size“. Doch auch hier regt sich Widerstand gegen die Begrifflichkeit. Denn Tess Holliday sei keine Plus Size, sondern einfach nur fett. Amy Schumer wehrt sich sogar dagegen, als Plus Size bezeichnet zu werden – und macht damit deutlich, was in der Plus-Size-Diskussion alles schiefläuft.

Wo liegt es denn nun also, dieses ominöse Plus-Size-Land?

Was ist Plus Size in der Mode?

Die Modewelt, die Welt der Designer und Topmodels hat (leider) ihre eigenen Gesetze. Ein Standardmodel trägt Konfektionsgröße 34 oder 36. Woran liegt das? Die Kleider, die Lagerfeld und Co. designen, werden keiner Frau auf den Körper geschneidert. Die Frau hat sich gefälligst nach dem Kleid zu richten und nicht umgekehrt. Alle Kleidungsstücke für Modenschauen werden also in Größe 34/36 produziert. Danach werden Frauen gesucht, die dort hineinpassen. Wirtschaftlich gesehen durchaus sinnvoll.

Aber warum sind Models überhaupt dünn? Das liegt am derzeitigen gesellschaftlichen Schönheitsideal (→ Gefängnis der Schönheitsideale). In den 60er Jahren wurde mit Twiggy erstmals ein außergewöhnlich schlankes Model populär, das bis heute den Standard für sehr dünne Models prägt. Schlankheit wird mit Schönheit und Erfolg assoziiert.

Die Standardgröße von 34/36 für Models führt in der Modewelt dazu, dass alles, was darüber liegt, als Plus Size, also Übergröße, bezeichnet wird. Auch Models mit den Größen 38 bis 42 – über 55 Prozent der Frauen in Deutschland tragen diese Größen – gelten dort also als übergroß.

Was ist Plus Size in der Gesellschaft?

Der der Modewelt ferne Betrachter würde solche Frauen meist nicht als „übergroß“ einschätzen. In der Gesellschaft wird mit Plus Size vor allem Übergewicht assoziiert. Aber auch hier scheiden sich die Geister: Wo fängt dick an? Ist eine 42 schon dick? Kann man anhand einer Kleidergröße überhaupt eine Aussage über das Gewicht oder Erscheinungsbild einer Person treffen? Auch in diesem Fall wird sicherlich jeder seine eigene Meinung haben; die meisten davon dürften aber von der Mode- und Schönheitsindustrie sowie von den Medien geprägt sein.

Viele übergewichtige Menschen – sagen wir zur Orientierung mal, ab Größe 46 aufwärts – fühlen sich weder von Chrissy Teigen noch von Ashley Graham entsprechend repräsentiert. Aber auch mit größeren Größen, wie der von Tess Holliday, fühlen sich manche mit dem Terminus Plus Size angegriffen. „Fühlen“ ist das Schlüsselwort, denn diese Bewertungen finden nach rein subjektiven Kriterien statt. Und weil das Internet ein Tummelplatz ungefragter und ungefilterter Meinungen ist, wird gepoltert und beleidigt, was das Zeug hält.

Plus Size kann gefährlich werden

Übergewicht ist ein derartiges Reizthema, dass viele sich anscheinend nicht am Riemen reißen können. Die Vermischung der Definitionen und der falschen Assoziationen rund um Übergewicht haben aber noch ganz andere Auswirkungen – und die können gefährlich werden.

Wenn Übergewicht als etwas Schreckliches dargestellt wird, dass es unbedingt zu verhindern gilt, es aber nach Adam Riese-Lagerfeld bereits bei Größe 38 beginnt, dann wird es problematisch. Wegen dieser Konnotation kann Plus Size als Schimpfwort empfunden werden, denn der Begriff erhält eine ähnlich negative Besetzung wie „dick“, „fett“ und „faul“ (→ Warum dick kein Schimpfwort ist). Als Folge würden viele Frauen alles tun, um in die von irgendwelchen Schneidern festgelegte vermeintliche Normalität der schlanken Menschen zu passen.

Doch nur etwa drei Prozent der Frauen tragen Konfektionsgröße 36 oder kleiner. Obwohl Frauen mit Größen jenseits der 36 die Mehrheit stellen, schwingt diese unheilvolle, ausschließende Angst mit, man könne doch irgendwie Plus Size, als übergroß sein. Obwohl Kleidergrößen genauso wie die Zahlen auf der Waage nichts über Gesundheitszustand, Aussehen oder Wert eines Menschen aussagen, sind sie die Geißel der modernen Frau (→ 3 Gründe, warum du deine Waage wegwerfen solltest).

Plus Size als Emanzipation

Statt dankbar zu sein, dass der Terminus Plus Size so inklusiv ist, dass er fast alle Frauen mit einschließt, wehren wir uns dagegen, als „Übergröße“ bezeichnet zu werden. Statt uns zu freuen, dass endlich Diversität zwischen Ashley Graham und Tess Holliday abgebildet wird (und dadrunter und darüber hinaus), zerfleischen wir uns unter dem Diktat der Schönheitsindustrie (→ Scheiß auf Orangenhaut!).

Doch viele begreifen Plus Size auch als eine neue Heimat für all diejenigen Frauen, die zu lange von den Modeschaffenden vernachlässigt wurden (→ Warte nicht auf schlanke Zeiten). Auf diese Weise bildet Plus Size auch im Sinne der Body Positivity eine Emanziptaionsbewegung in der Modewelt (→ Was ist Body Positivity?). Es wird Zeit, dass sich die Kleider den Frauen anpassen und nicht umgekehrt!

Titelfoto: GraphicStock

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